Die Tasse Wein und auch das Glas Café
Thirst-World-Problems: Warum schmeckt Wasser aus der Tasse anders als aus dem Glas? Spoiler: Es liegt nicht am Wasser – sondern an dir. Sip happens.
💩 Dieser Beitrag gehört zur Reihe „Gedankenkaka“
Heute: Wenn banale Dinge existenzielle Fragen aufwerfen
Manche Menschen hinterfragen den Sinn des Lebens. Ich hinterfrage, warum Wasser aus der Tasse schmeckt, als hätte es seine Lebensfreude verloren. Und ja, ich weiß, wie das klingt. Aber wenn du mir jetzt nicht zustimmst, hast du entweder einen Gaumen auf Standby – oder du trinkst dein Wasser grundsätzlich aus PET-Flaschen, und das ist nochmal ein ganz eigenes Thema.
Es liegt nicht an dir. Es ist dein Gehirn.
Wasser ist geschmacklos, ja. Aber „schmecken“ ist nicht nur eine Solo-Peformance für deinen Mund. Dein Gehirn mischt mit – und hat vorher schon entschieden, wie’s schmecken sollte:
☕Tasse = heiß, wohlig, Tee oder Kaffee (ich hoffe nicht Suppe)
🥛Glas = kalt, klar, Durstlöscher
Wenn du also kaltes Wasser aus einer Keramiktasse trinkst, denkt dein Gehirn: „Wo ist der verdammte Kaffee?“ Biologisch gesehen lösen Erwartungen Dopamin aus. Wird das Erwartete nicht erfüllt, registriert dein System: Enttäuschung. Keine Metapher – echtes Gefühl.
Material Girl in einer Trinkwelt
Auch das Material spielt eine Rolle. Hier eine kurze höchste wissenschaftliche Übersicht:
Du trinkst also nicht nur Wasser. Du trinkst den Kontext, die Haptik, das ganze Ensemble.
Gaumen-Gate
Ein weiteres Phänomen: die Trinktechnik.
Aus einem Glas nimmst du eher große, schnelle Schlucke. Bei einer Tasse trinkt man langsamer – das Wasser trifft andere Stellen im Mund, verweilt länger und verändert das Gefühl komplett.
Außerdem: Tassen haben oft einen dickeren Rand. Dadurch verändert sich, wie du das Wasser aufnimmst – ähnlich wie bei Wein: Die Glasform beeinflusst das Trinkerlebnis.
Science-Flex: Der Wassergeschmack ist kein Mythos
Ob ich mir das alles nur eingebildet habe, um meine Tassenwasser-Aggression zu rechtfertigen? Ganz sicher. Aber offenbar bin ich nicht allein – die Forschung ist auf meiner Seite.
Die Macht des Kontext 🧠
Studien zeigen: Visuelle und haptische Reize formen unsere Geschmackserwartung.¹
In einer Studie tranken Testpersonen exakt die gleiche heiße Schokolade – aber aus unterschiedlich gefärbten Tassen.
Ergebnis: Der Geschmack wurde je nach Tassenfarbe anders bewertet.
Eine Tasse signalisiert Kaffee, dein Körper macht sich bereit für Koffein – und dann kommt da...ein kaltes Nichts?
Und dein Hirn so: Excuse me?
Material matters 🪨
Es gibt zahlreiche Studien zur Gastrophysik (ja, das ist ein Ding!).
Ergebnis: Material, Form, Gewicht und sogar Geräusche beim Trinken verändern unsere Geschmackswahrnehmung.²
Der glatte Rand eines Glases wirkt frisch, neutral. Eine Tasse hingegen – oft dicker, rauer, poröser – verändert, wie sich das Wasser anfühlt.
📐Trinken ist (k)eine Formsache
Wie du trinkst, hängt davon ab, aus was du trinkst, z. B. trinken Menschen aus gebogenen Gläsern schneller und mehr.³
Wasser aus dem Glas = große Schlucke, erfrischend.
Wasser aus der Tasse = langsames Nippen wie bei Kamillentee.
Und weil der Wasserstrahl andere Stellen deiner Zunge trifft, ändert sich das Geschmackserlebnis³ – obwohl das Wasser dasselbe ist.
🌡️Warmes Wasser, kalte Wahrheit
Tassen speichern Restwärme. Selbst wenn du kaltes Wasser reinkippst, fühlt es sich weniger kalt an – und dein Gehirn fühlt sich betrogen.⁴
Ergebnis: Du bist enttäuscht – und weißt nicht, warum.
Das nennt sich Thermoception (ohne Scheiß jetzt) also: wie dein Körper Temperatur fühlt.
Dein eigenes WTF-Experiment
Ich schwöre, das ist der beste Selbsttest seit dem „Bin ich bereit für Sex?“-Quiz in der Bravo.
Du brauchst:
1 Glas
1 Tasse
1 beliebiges Wasser (kein fancy Fiji-Zeug – Leitungswasser reicht)
Anleitung:
Füll beides mit derselben Wassermenge.
Trink zuerst aus dem Glas, dann aus der Tasse. Oder andersrum.
Spür genau hin. Was sagt dein Gaumen? Was sagt dein Gehirn? Und was sagt dein innerer Kritiker?
Spoiler: Du wirst merken, dass es einen Unterschied gibt. Und dann kannst du nie wieder unbeschwert Wasser trinken.
Fazit: Es ist kein Placebo. Es ist ein Lifestyle.
Wenn dein Körper auf Tassenwasser reagiert wie auf Vertrauensbruch – dann liegt das nicht an dir. Sondern an deinem Hirn, deiner Zunge und einem völlig unterschätzten Trinkgefäß. Was banal klingt, ist in Wahrheit ein komplexes Zusammenspiel aus Psychologie, Material, Formgefühl und Erwartung.
Ein sinnloses Alltagsdrama mit echtem Nachgeschmack.
🖤 Life`s weird. Let’s WTF together. Bei jedem Schluck.
Quellen:
Piqueras-Fiszman, B., et al. (2012). Is it the cup or the content? Food Quality and Preference.
Spence, C. (2015). Gastrophysics: The New Science of Eating.
Attwood, A. S., et al. (2012). Glass shape influences drinking behaviour. PLoS ONE.
van Doorn, G. H., et al. (2014). The influence of cup material on perceived beverage temperature and flavor.