Warum ein faules Schwein kein müßiges ist
Weil ich eigentlich nur chillen wollte. Bis ein Kreuzworträtsel mir sagte, ich sei faul.
😵💫 Dieser Beitrag gehört zur Reihe "WTF-Moment"
Heute: Dinge, die mich aus Prinzip aufregen
Sonntag Morgen. Kreuzworträtselzeit.
Gesucht war: Müßiggang, Nichtstun.
Die Lösung: Faulheit.
Und ich so: WTF?!
Wie kann man in einem Atemzug Müßiggang – also bewusste Zurücknahme – mit Faulheit gleichsetzen? Ich habe nichts gegen Faulheit. Wirklich nicht. Aber Nichtstun ist nicht Faulheit. Nichtstun ist – Obacht – eine Haltung. Wenn ein Kreuzworträtsel 'Müßiggang' mit 'Faulheit' gleichsetzt, dann geht’s nicht nur um ein Wort – sondern um ein ganzes Weltbild.
Müßiggang: Ursprünglich kein Schimpfwort
Das Wort "Müßiggang" stammt vom mittelhochdeutschen muozîg– was so viel wie "untätig, geruhsam, frei" bedeutet. Müßiggang war also mal etwas Gutes: eine bewusste Leere. Ein geistiger Freiraum. Kein Zeitvertreib, sondern Zeit mit sich selbst.
In der Antike war Muße ein Ideal und wurde als wertvoll für die Entwicklung der Persönlichkeit und Kreativität angesehen. Sokrates bezeichnete die Muße als „Schwester der Freiheit“. Aristoteles stellte fest, dass Arbeit und Tugend sich ausschließen. Müßiggang wurde als Ideal und ein Weg zur Erkenntnis angesehen.
Bis ins Mittelalter hinein war Müßiggang in Deutschland kein Makel, sondern ein Privileg und ein Lebensideal. Und dann kam die Kirche. In der katholischen Lehre gilt Müßiggang als eine der sieben Todsünden. ((Und in meinem Blog gibt’s dafür eine eigene Kategorie: WTF Moment) Was vorher Freiheit bedeutete, wurde zur moralischen Gefahr erklärt.
Heute? Wird Muße mit Faulheit gleichgesetzt und Faulheit mit Schwäche. Dabei gibt es ganze Regale voller Bücher über die Kunst des des süßen Nichtstun – von der Antike bis zur Achtsamkeitsbewegung.
Was Medizin und Psychologie sagen
Stress ist die neue Normalität. Burnout eine Volkskrankheit. Und trotzdem wird Nichtstun stigmatisiert. Dabei ist gerade das bewusste Innehalten wichtig: Für das Nervensystem, die Kreativität, die emotionale Regulation.
Menschen brauchen Pausen. Nicht erst, wenn der Akku leer ist. Sondern vorher. Regelmäßig. Und ohne schlechtes Gewissen.
Nichtstun ist nicht "nichts tun". Es ist: Sein lassen. Beobachten. Durchatmen. Raum schaffen. Ohne Ziel. Ohne Output.
Das Gegenteil von Faulheit
Nichtstun bedeutet, der Welt kurz den Rücken zuzukehren, nicht sich selbst.
Es ist das Gegenteil von Doomscrolling, von ständiger Ablenkung. Es ist unproduktiv – im besten Sinne. Ein Moment, in dem man nichts beweist. Nicht leistet. Und genau dadurch wieder bei sich ankommt.
Wer müßig ist, braucht Mut. Denn Müßiggang konfrontiert uns mit uns selbst. Und das kann ganz schön laut sein, wenn man sonst nur funktioniert.
Mein WTF-Fazit
Ich liege oft da. Ohne Plan. Ohne Leistung. Und für einen Moment denke ich: „Du solltest was machen.“ Dann fällt mir ein, dass Müßiggang offiziell als Todsünde gilt. Na gut. Dann sündige ich eben mit Stil.
Horst Bulla hat mal geschrieben:
“Moral ist etwas für Pfaffen und Götter. Die Liebe und ihre süßen Sünden sind für uns sterbliche Menschen gemacht.”
Ich finde: Müßiggang gehört auch dazu.
Zwischen Selbstoptimierung und Selbstaufgabe liegt: Nichts tun. Und das ist manchmal alles. Wenn du das nächste Mal nur "rumliegst" – freu dich. Du bist nicht faul. Du bist frei.
🖤 Life’s weird. Let’s WTF together.